Schauspiel und Karriere haben mehr gemeinsam, als Sie womöglich vermuten. Keine Sorge, Sie sollen sich nicht verstellen in Ihrem Job! Sie sollen auch keine Rollen spielen, die nichts mit Ihnen zu tun haben! Aber es gibt jede Menge Techniken, die Sie von Schauspielern für Ihre persönliche Karriere lernen können. Fünf davon stelle ich Ihnen hier vor:

Das oberste Prinzip: Proben – also gute Vorbereitung.

Erwarten Sie nicht, dass alles von selbst läuft oder andere Ihnen Dinge abnehmen, sondern übernehmen Sie eigenverantwortlich Ihre Karriereplanung. Wenn Sie es nicht selbst tun, wird kein anderer kommen und es für Sie erledigen. Ein Schauspieler muss seinen Text auch selbst lernen und ausprobieren und immer wieder üben, vielleicht scheitern, weiter üben und sich dann zeigen …

Das zweite Prinzip: Stellen Sie sich die richtigen Fragen.

Bevor man in eine Szene reingeht, stellt man sich als Schauspieler die folgenden drei Grundfragen:

Wo komme ich her, was will ich, wo gehe ich hin?

Auf Ihre Karriere übertragen heißt das:

Wo stehen Sie im Moment? Was wollen Sie? Und wo soll es hingehen in Zukunft, welches Ziel wollen Sie erreichen?

Wichtig ist auch die Antwort auf diese beiden Fragen:

Wie will ich wahrgenommen werden? Wie will ich in Erinnerung bleiben?

Das dritte Prinzip: Eigene Konzepte verlassen zu können.

Wenn ich beispielsweise zu Hause eine Szene vorbereitet habe und der Regisseur will sie beim Dreh aber komplett anders haben, müssen wir ja irgendwie zusammenkommen. Das Stichwort heißt: Flexibilität. Das heißt nicht, dass man keinen klaren Standpunkt hat. Aber es ist wichtig, bereit zu sein, bestimmte Dinge anzupassen. Denn das Leben – und erst recht die Karriere – sind nicht gradlinig!

Aus diesem Grund finde ich es so entscheidend, eigene Ideen immer wieder zu hinterfragen und zu überprüfen. Die Ziele von vor fünf Jahren können heute ganz andere sein und sich verändert haben!

Fragen Sie sich deshalb regelmäßig: Wer bin ich? Was steckt noch in mir?

Nach zwei Anfängerjahren im Theater stand ich vor der großen Frage, ob mein Vertrag verlängert wird. Da ich nicht sicher war, ob es klappt, habe ich mich kurzerhand beim BR als Sprecherin und in Stuttgart als Fernsehansagerin beworben. Und als die Übernahme dann klar war, habe ich diese Jobs nebenbei trotzdem weitergemacht – an den freien Sonntag-Vormittagen.

Dieses ständige Hinterfragen „Was kann ich noch?“ hat mich auf ganz neue Wege gebracht – und meine Karriere entscheidend beeinflusst.

Ein weiteres Prinzip: Der Perspektivwechsel.

Was treibt meine Figur oder mein Gegenüber an? Genau zuhören, auch Untertöne raushören, körpersprachliche Signale erkennen und einen Bogen – in dem Fall für die Rolle – denken: Das müssen Schauspieler können! Und das lässt sich ganz wunderbar auch in der Karriereplanung anwenden! Denn es bedeutet nichts anderes, als nie die große Vision und die eigenen Ziele aus den Augen zu verlieren.

Das letzte Prinzip ist alles entscheidend: Emotionen zulassen!

Ohne Gefühle keine Empathie und auch kein Charisma. Ohne Emotionen können Sie weder motivieren noch begeistern.  Die meisten Menschen haben jedoch Angst vor Emotionen, weil sie den Kontrollverlust fürchten.

Obama ist für mich einer der charismatischsten Redner, unabhängig von seinen politischen Inhalten. Er macht rhetorisch einfach sehr viel richtig. Auch Bill Clinton habe ich live erlebt und der war extrem empathisch. Fakt ist: Menschen bekommen wesentlich bessere Beurteilungen, wenn sie die Gefühle anderer anregen und in Bewegung bringen. Nützlich ist es dabei, auch ruhig mal private Geschichten zu erzählen, dann ist es nicht nur einfacher, Zustimmung zu bekommen, sondern auch, komplexe Fakten zu vermitteln.

Nicht von Ungefähr trainiere ich in meinen Seminaren gerne extreme Gegensätze und lasse Manager die fünf Grundemotionen – Wut, Trauer, Schmerz, Angst, Ekel, Freude – ausprobieren. Oder sie müssen wie ein Sportmoderator sprechen, einen ernsten Sachverhalt wie einen Witz erzählen oder als Riesenvorwurf ausdrücken. Wenn sie dann zur Normalität zurückkehren, profitiert die ganze Persönlichkeit davon, ist lebendiger und ausdrucksvoller. Sogar die Mimik ändert sich nachhaltig, selbst wenn er oder sie dann gar nicht mehr übertreibt.

Eigen- und Fremdwahrnehmung gehen fast immer sehr weit auseinander! Wenn Sie sich trauen, sich zu zeigen, wird das vielfach belohnt. Denn Menschen vertrauen Menschen, die sich auch mal verletzlich zeigen und nichts verbergen. Die größte Hürde ist ja oft die Scheu davor, dass es zu emotional wird, zu kitschig oder lächerlich. Dabei fängt es doch genau hier erst an, spannend zu werden.

Also zeigen Sie sich und tun Sie das, was Sie am besten können und mögen. Nutzen Sie mutig Ihre Fähigkeiten, seien Sie eigenwillig und sich Ihrer selbst bewusst!